Jede Mode braucht ihren Raum. Kleidermode ist per definitionem dreidimensional: sie umhüllt den Körper, formt und exponiert oder verbirgt den Körper, hebt Körperpartien hervor und lässt andere verschwinden.
Doch Mode ist flüchtig und wird erst von der Fotografie festgehalten. Dabei wird die räumliche Dynamik der Mode in die Fläche der fotografischen Aufnahme überführt. Die Wahrnehmung des ursprünglichen Moderaums verändert sich und neue Interpretationsräume kommen hinzu. Neben den realen Raum, die Straße, das Schaufenster oder den Laufsteg treten gesellschaftliche, kulturell kodierte Räume.
Die Ausstellung FashionRoom präsentiert fotografische Strategien der Inszenierung von Kleidermode im Raum und begreift den Begriff „Raum“ als Modell eines Denkraumes, der weit über den architektonischen Raum hinausgeht. Jede Modefotografie zeigt die zeitgebundene Wahrnehmung des Modischen und damit die untergründigen Beziehungen zwischen Mode, Kultur und Gesellschaft. Dabei zeigt die Auswahl FashionRoom aus der Sammlung F.C. Gundlach nicht nur Modefotografien im klassischen Sinne. Im Vordergrund der Ausstellung steht das dialogische Moment der Fotografie: die Interaktion von Mode, Raum und Bildfläche im Wandel der Zeit und der Fotografiegeschichte.
Ein wichtiges Auswahlkriterium für die Exponate der Ausstellung ist das Prinzip der Serie. Bevorzugt wurden Konvolute ausgewählt, die als Reihung eine konzeptuelle Bedeutung transportieren. Motivserien von Fotografen wie Martin Badekow, George Hoyningen-Huene, Imre von Santho, Franz Roh oder Wols aus den 1930er bis 1950er Jahren stehen chronologisch am Anfang, es folgen Arbeiten von Ralph Gibson, Saul Leiter, Zoe Leonard, Gjon Mili und Melvin Sokolsky aus den 1960er und 1970er Jahren und schließlich Werke von Katharina Bosse, Robert Heinecken, Chris Moore und David LaChapelle.
Die ausgewählten Bildstrecken lassen unterschiedliche Herangehensweisen der Fotografen erkennen.
Melvin Sokolskys bekannte „Bubble Series“, für Harper’s Bazaar 1963 in Paris aufgenommen, kommentiert den fotografischen Akt des Inszenierens von Mode im Raum besonders prägnant. Sokolsky lässt sein Lieblings-Fotomodell Simone d’Aillencourt an markanten Punkten im Pariser Stadtraum posieren und setzt so die Haute Couture-Entwürfe mit dem Flair von Paris in Beziehung – gleichzeitig bleibt das Fotomodell in seiner Plexiglaskugel jedoch visuell und physisch isoliert, Paris wird zur Kulisse. Dieses Spiel mit Nähe und Unerreichbarkeit, Fläche und Raum erzeugt letztlich ein Bewusstsein um die re-präsentative Funktion der Fotografie und die Distanz zwischen Dargestelltem und Betrachter.
Gijon Milis und Frank Horvats Fotografien hingegen verweigern zunächst die Verortung im Raum, die Figuren sind im Anschnitt zu sehen, die Aufnahmeorte bleiben unklar. Doch durch den Faltenwurf des grafisch ausdrucksvollen Dessins schaffen Mili und Horvat innerhalb des Textils räumliche Strukturen, die Volumen und Schnitt der Mäntel vorstellbar machen. Diese Strategie der Abstraktion gipfelt in der Serie James Wellings, der Bildräume allein durch den fotografierten Faltenwurf loser Stoffbahnen inszeniert.
Ausstellung in der Städtischen Galerie Iserlohn vom 27.11.2009 - 31.01.2010